Das Gaußhaus

hier erforschte Carl Friedrich Gauß den Erdmagnetismus.

Historische Erdbebenwarte | Gaußhaus und Erdmagnetismus

Magnetosphäre, Weltraumwetter, Polarlichter

Unsere Erde hat durch ihr Magnetfeld, das weit ins All hinausreicht und damit die sogenannte Erdmagnetosphäre bildet, einen großen Wirkungsquerschnitt gegenüber dem sogenannten Sonnenwind (geladene Teilchen, die ständig von der Sonne ins All strömen). Dieser an der Erdmagnetosphäre vorbeiströmende Sonnenwind erzeugt elektrische Ströme, die teilweise in die Magnetosphäre eindringen und am Erdboden die schon von Gauß und Weber beobachteten Magnetfeldänderungen hervorrufen. Ihre Stärke wird durch die am Göttinger Institut von Julius Bartels 1949 eingeführten Kp-Werte gekennzeichnet, ein 3-Stunden-Maß für die magnetischen Effekte solarer Teilchenstrahlung (www.gfz-potsdam.de/kp-index). Die Kp-Werte haben bei diesen solarterrestrischen Beziehungen eine ähnliche Bedeutung wie die Richterskala bei der Bewertung der Stärke von Erdbeben. Bei sogenannten erdmagnetischen Stürmen, die heutzutage von Satelliten vorhergesagt werden (Weltraumwetter), treten Polarlichter auf, die man in nördlichen Breiten auch als Nordlichter (Aurora Borealis) und in südlichen Breiten als Südlichter (Aurora Australis) bezeichnet. Bei Kp-Werten größer 6 können bei günstigen Bedingungen sogar in Göttingen Nordlichter beobachtet werden (www.polarlicht-vorhersage.de).

Polarlichter über Göttingen

© Wedeken, Foto 10. Oktober 2024, 22:59 h MESZ, Rohnsterrassen, Göttingen

Nacht 10./11. Oktober 2024

Ein sehr starkes Nordlicht konnte in dieser Nacht durch Wolkenlücken in Göttingen beobachtet werden. Der Kp-Wert erreichte 9- und führte zu einem G4-Sturm.

© Wedeken, Foto 10. Oktober 2024, 22:59 h MESZ, Rohnsterrassen, Göttingen

© Reinsch, Foto 10. Mai 2024, 21:53 h MESZ, Leinebrücke, Schiefer Weg, Göttingen

Nacht 10./11. Mai 2024

Ein geomagnetischer G5-Sturm, also einer der höchsten Stufe (Kp = 90), erzeugte das stärkste Polarlicht seit Oktober 2003. Es konnte auch in Göttingen beobachtet werden – hier ein Foto von Dr. Klaus Reinsch, Institut für Astrophysik und Geophysik der Universität Göttingen

© Reinsch,  Foto 10. Mai 2024, 21:53 h MESZ, Leinebrücke, Schiefer Weg, Göttingen

Was genau ist Polarlicht?

Als Gauss und der Göttinger magnetische Verein globale Fluktuationen des Erdmagnetfeldes nachgewiesen hatten, waren sie, ohne es zu ahnen, der Ursache des Polarlichtes auf der Spur.

Bis vor etwa 60 Jahren nahm man an, dass der Erdmagnet einem Stabmagneten ähnelt, bei dem die Feldlinien in Halbbögen rotationssymmetrisch von einem Pol zum anderen laufen. Wir wissen heute, dass das Erdmagnetfeld durch den stetig wehenden Sonnenwind stark verformt wird. Weil die geladenen Teilchen sich nicht quer zum Magnetfeld bewegen können, machen sie einen weiten Bogen um die Erde. Dabei werden die Feldlinien auf der Sonnenseite eingedrückt und auf der Nachtseite zu einem langen Schweif auseinandergezogen. Auf der Nachtseite verlaufen Feldlinien vom Nordpol fast anti-parallel zu solchen, die zum Südpol gehen.

Zu manchen Zeiten wird es auf der Sonne unruhig. Es erfolgen heftige Eruptionen, bei denen ein Teil der ausgestoßenen Sonnenmaterie der Schwerkraft der Sonne entweicht. Wenn die auf bis zu 1500 km/s beschleunigte Wolke geladener Teilchen erdgerichtet ist, kommt sie nach etwa 1-2 Tagen an und passiert sie in weitem Bogen. Auf der Nachtseite kann es passieren, dass Feldlinien unterschiedlicher Polarität sich berühren und einen magnetischen Kurzschluss verursachen. Dabei entsteht eine hohe Spannung, ein Vorgang, der auch beim elektrischen Weidezaun auftritt. Er setzt Elektronen entlang der Feldlinien in Bewegung, bis sie an den Fußpunkten auf die Erdatmosphäre treffen und diese zum Leuchten bringen. Bei besonders heftigen Eruptionen können das Fußpunkte in unseren Breiten sein.

Der Energieeintrag durch Fluktuationen des Erdmagnetfeldes auf der Nachtseite der Erde in großer Entfernung und die Deutung der Farben werden nicht immer richtig dargestellt.

Gase leuchten, wenn ihre Atome durch Elektronenstoß Energie aufnehmen und diese wieder abgeben, indem sie ein Photon aussenden. Die möglichen Ener-giestufen sind aber durch Resonanzeffekte – wie die Töne bei einer Gitarre – auf ein paar Dutzend beschränkt. Daher hat jedes Gas seine typischen Farben. Atomphysiker können die Resonanzen und damit die Energiestufen berechnen. Es gibt umfassende Datenbanken, zum Beispiel die des NIST (National Institute of Standards and Technology) in den USA.

Die dominierenden Farben Rot bei 630/636 nm und Grün bei 597 nm sind dem Sauerstoff zuzuordnen. Wenn man diesen Farben nachgeht, fällt sofort auf, dass die zugehörigen Energiestufen das Licht nicht, wie beim Neon, innerhalb von Nanosekunden aussenden, sondern erst nach Sekunden oder Minuten. Das ist ein Unterschied von 9 Größenordnungen! Man nennt solche Energiezustände metastabil und das zugehörige Nachleuchten Phosphoreszenz. Die Atome bleiben energiegeladenen und sammeln sich in großer Zahl an.

Es gibt jedoch einen konkurrierenden Prozess zum Lichtaussenden: die energiegeladenen Atome können ihre Energie auch strahlungslos abgeben, indem sie ein Nachbaratom anstoßen, wenn sie denn eins finden. Damit wird das Ganze druckabhängig. Bei zu hohem Druck überwiegt die Stoßabregung. Das erklärt auch, wieso das eher statische rote Licht immer oben ist: der Energiezustand für das rote Licht hat eine noch deutlich längere Lebensdauer als der für grünes Licht, hier überwiegt die Abregung durch Stoß schon bei geringeren Dichten.

Die beobachteten Farben sind nichts weiter als eine luftdruckabhängige Schichtung, die sich aus der Lebensdauer der metastabilen Zustände ergibt.