Astatischer Horizontalseismograph
Die Geräte aus den Werkstätten G. Bartels sowie Spindler & Hoyer, Göttingen, setzten bis Anfang der 1960er Jahre weltweit DEN Standard
Messinstrumente
Astatischer Horizontalseismograph
(aus: Schreiber, 2000) „Das Prinzip aller Seismographen besteht grob gesagt darin, dass eine bewegliche, aufgehängte oder aufgestellt Masse wegen ihrer Trägheit zunächst in Ruhe bleibt, während sich das mit dem Boden verbundene Aufhängesystem bewegt. Hier handelt es sich um ein umgekehrtes Pendel, bei dem die Masse (Stahlplatten-Zylinder mit 80 cm Durchmesser und 40 cm Höhe) von ca. 1200 kg in labilem Gleichgewicht auf einem kardanischen Blattfederwerk steht (kardanische Lagerung: zwei sich schneidende, zueinander rechtwinklige, Beispiel Kreiskompass im Schiff). Der Drehpunkt auf dem Boden liegt etwa 90 cm unterhalb des Massenmittelpunktes.
Mit Hebelsystem auf Schreibnadeln
Die relative Bewegung zwischen Masse und Drehpunkt wird über ein Hebelsystem auf Schreibnadeln sowohl für die Ost-West-Komponente als auch die Nord-Süd-Komponente übertragen; die Nadeln schreiben auf berußten Papierstreifen, die täglich gewechselt werden. Die Vergrößerung ist zwischen 100- und 300-fach einstellbar, normal ist sie 160-fach; die Schreibgeschwindigkeit beträgt ca. 16 mm/min; den Papiervorschub regelt ein mechanisches Uhrwerk. Die Eigenperiode ist auf ca. 11 s eingestellt.
Wesentliche Verbesserung: Luftdämpfung
Beide Komponenten besitzen ein Luftdämpfungssystem. Dieses stellt eine wesentliche Verbesserung aller Wiechert-Seismographen gegenüber früheren Seismographen dar. Vor allem deshalb lieferten sie erstmalig Seismogramme, die Rückschlüsse auf die wahre Bodenbewegung zuließen.
Das hier aufgestellte Instrument hat Wiechert in Zusammenarbeit mit der Mechaniker-Werkstatt von G. Bartels, Göttingen entwickelt. Es registriert seismische Bewegungen seit 1902 kontinuierlich, mit nur wenigen Unterbrechungen wegen Wartungsarbeiten. Es ist der Prototyp für gleiche Geräte, die über Jahrzehnte Standard an vielen Observatorien (weltweit über 150) wurden und in klassischen Lehrbüchern über Seismologie ausführlich beschrieben sind; die Serienfertigung übernahm später die Firma Spindler & Hoyer, Göttingen. Erste ausführliche Beschreibungen findet man bei Wiechert [1903; 1906].
Tatsächlich ist diese Apparatur so empfindlich, dass die „Verformung des Bodens“ durch das Gewicht einer neben dem Seismographen stehenden Person bereits zu deutlich sichtbaren Nadelausschlägen führt.